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Die Anfänge der Tanzkunst am Münchner Kurfürstenhof
(Vesna Mlakar)

Maximilian I., seit 1623 Bayerns erster Kurfürst und unerbittlicher Verfechter der katholischen Konfession verbannt jede Art von „leichter Unterhaltung“ von seinem mit religiöser Strenge geführten Hof. Allein das Jesuitentheater - in seiner Aufführungspraxis durchaus offen für die italienischen Innovationen auf dem Gebiet der Bühnenkunst - findet seine Wertschätzung und Unterstützung. Erst die Hochzeit seines noch minderjährigen Sohnes Ferdinand Maria (1636-1679) mit Henriette Adelaide (1636-1676), einer Prinzessin aus Savoyen, zwingt den vernunftgeprägten Staatsmann 1650, zwei Jahre nach dem Westfälischen Frieden in Münster und Osnabrück zum Umdenken. So unterzeichnet er im Alter von 77 Jahren den Heiratsvertrag zwischen dem vierzehnjährigen Erbprinzen und der in Turin und Chambéry aufgewachsenen Enkelin Heinrichs IV. von Frankreich. Die bayerische Delegation unter der Führung von Graf Maximilian Kurz zu Senftenau erreicht den savoyischen Hof am 27. November 1650 und wird Zeuge eines wochenlangen Reigens von Festen und Divertissements, die alle Erwartungen übertreffen. Die Organisation dieser Feste untersteht Graf Philippe d’Aglié (1604-1667). Die Ausgestaltung der savoyischen Hoffeste liegt seit 1624 fest in seiner Hand. Daneben macht der talentierte Schützling und Berater der Herzogin Christine auch politisch eine glänzende Karriere. So hat er 1650 das Amt des Hofmeisters inne und ist damit für den Empfang der bayerischen Delegation zuständig. Zwei seiner Werke kann Philippe d’Aglié den aus München angereisten Gästen präsentieren: Die Festa à CavalloGli Hercoli Domatori de Monstri et Amor Domatore degli Hercoli auf der Piazza di Castello und - zum Abschluss der Feierlichkeiten - das Gran Balletto L’Educatione d’Achille e delle Nereidi sue sorelle nel’Isola Doro, in dem auch Henriette Adelaide auftritt. Die Heimholung der Braut ist für Herbst 1651 angesetzt. Über die in Turin gebotenen Festlichkeiten ist Maximilian dank seiner Gesandten gut informiert. Der kulturelle Rückstand seines Hofes ist offensichtlich und eine Anpassung an das europäische Theaterniveau des 17. Jahrhunderts ein dringendes Desiderat. Die Ankunft der ausländischen Prinzessin muss um jeden Preis gebührend gestaltet werden, und mit einem Jesuitendrama allein kann weder ein ausgefeiltes Festprogramm noch die notwendige, dem Turiner Vorbild entsprechende kurfürstliche Repräsentation bestritten werden. Maximilian I., zeitlebens auf die Finanzen seines ausgebluteten Landes bedacht, zögert nicht, alle Kräfte in Bewegung zu setzen, um die Konkurrenz mit den anderen Höfen nun auch kulturell aufnehmen zu können.

Im Zuge meines Vortrags werden die Festivitäten zu Ehren der Ankunft Henriette Adelaides sowie deren Rolle und Bedeutung in Bezug auf den Tanz am Münchner Kurfürstenhof erörtert.

Vesna Mlakar, München, Deutschland

Geboren in Ljubljana (Slowenien), aufgewachsen in München. Ausbildung zur Tänzerin an der Heinz-Bosl-Stiftung/München und in Paris. Studium der Tanzwissenschaft an der Sorbonne. Nachlassbearbeitungen am Deutschen Theatermuseum München. Produktion, Dramaturgie und Öffentlichkeitsarbeit am Nationaltheater Zagreb, dem Münchner Prinzregententheater und der Pariser Opéra. Freie Journalistin für Tanz und Musiktheater. Vorträge bei internationalen Theater- und Tanzkongressen. Promotion an der Sorbonne zum Thema „Feste und Bühnentanz am Münchner Hof von 1550 bis 1745“.

Organisation:
Dance & History e.V.

Dance & History e.V. is a non-profit registered association based in Germany. Our objective is to promote research and the dissemination of knowledge in the field of historical dance. We work together with similar organisations in Europe and America.