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Dezais’ Premier Livre de Contre-Dances (1726) – Eine neue Tanzsammlung als möglicher ‚missing link’ im 18. Jahrhundert
(Milo Momm)

Jacques Dezais’ Versuche, nach 1719 eine Sammlung mit – anfänglich geplanten dreiunddreißig, 1720 bereits auf achtzehn oder zwanzig reduzierten – Contredanses zu vier Paaren herauszugeben, schienen nach bisherigen Erkenntnissen gescheitert. So hatte Dezais zwar bereits im Herbst 1714 einige Contredanses in der neuen Manier einzeln und handschriftlich zum Kauf angeboten und im November 1715 mit „Le Cotillon des Fêtes de Thalie“ den ersten und bis dato auch einzigen Tanz zu vier Paaren veröffentlicht. Dennoch schien sich die geplante, größere Sammlung nicht realisiert zu haben. Erst nach 1760 wurden dann wieder Sammlungen mit Contredanses à huit in Frankreich gedruckt. Nun aber konnte bei einer Bibliotheksrecherche im Dezember 2005 eine derartige Sammlung ausfindig gemacht werden. Dezais hatte diese von der Kupferstecherin Louise Roussel in Paris stechen lassen und – mit einem Königlichen Patent von 1725 versehen – 1726 veröffentlicht. Die Sammlung enthält indes nur acht Tänze für zwei und vier Paare, sowie einen Tanz für zwei Damen und vier Herren und kostete 5 Livre. Denselben Preis hatte Dezais bereits 1715 für seine Sammlung mit dreiunddreißig Tänzen veranschlagt, was wiederum zeigt, wie unrealisierbar das Unterfangen von Anfang an gewesen sein musste. Neben einer verwickelten Entstehungsgeschichte, die typisch für die Rezeption dieser Tänze in den ersten Dekaden des 18. Jahrhunderts scheint, enthält die Sammlung aber auch eine äußerst abwechslungsreiche Mischung verschiedenster Tanztypen und -formen. So finden sich neben den üblichen Cotillons auch zwei Giques, ein Rigaudon, ein Tamburin, eine Ecoßoise à six, sowie ein Menuet à quatre. Dies dürfte von besonderem Interesse sein, kann sie doch als Hinweis auf eine heterogene, anfänglich äußerst experimentierfreudige Entwicklung der jungen Gattung Contredanse gelten.

Reichen die französischen Quellen der unmittelbaren Feuillet-Tradition bis dato bis 1722 zurück, so eröffnet diese neue Quelle einen Ausblick bis weit in die dritte Dekade des 18. Jahrhunderts hinein, in der sich ein neuer Tanztyp etablierte: Der Cotillon à huit. Die neue Quelle erweitert nun das Repertoire – neben der schon länger sich entwickelnden Form von Tänzen für zwei Paare – um drei weitere Choreographien für vier Paare und lässt die Entwicklung hin zur zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts besser nachvollziehen. Auffallend ist neben der musikalischen Variabilität auch die choreographische Vielfalt, die diese Sammlung gleichsam als ‚Experimentierfeld’ eines sich neu formierenden Tanzstils erscheinen lässt.

Ergänzt wird die Präsentation durch die Demonstration einer Auswahl von Tänzen der Quelle durch l’espace – Ensemble für Barocktanz Berlin, die in den Vortrag eingeschoben werden.

Milo Pablo Momm, Berlin:

Milo Pablo Momm, geboren in Aachen, studiert seit 1999 Theater- und Musikwissenschaft an der Universität Bayreuth, der Université Paris 8 und der FU Berlin. In diesem Rahmen betreibt er intensive, eigene Quellenstudien. Derzeit schreibt er seine Magisterarbeit zum Thema „Die burgundische Bassedanse. Gattungskonvergenz und Kulturtrasfer im europäischen Kontext des 15. Jahrhunderts“ unter Betreuung von Prof. Dr. Gabriele Brandstetter. Seine tänzerische Ausbildung erhielt er vor allem durch Sigrid T'Hooft in Gent und Christine Bayle in Paris. Weitere Lehrer: Véronique Daniels, Barbara Sparti, Carles Mas, Lieven Baert, Deda Colonna, Caroline Pignault, Françoise Denieau und Cécília Grácio Moura. Seit 2001 unterrichtet Milo Pablo Momm Renaissance- und Barocktanz an verschiedenen Ballettschulen in und außerhalb Berlins. Seit 2005 tanzt er im Ensemble Corpo Barocco in Gent (Belgien) unter Leitung von Sigrid T'Hooft und gründete 2006 sein eigenes Ensemble l’ e s p a c e.

Organisation:
Dance & History e.V.

Dance & History e.V. is a non-profit registered association based in Germany. Our objective is to promote research and the dissemination of knowledge in the field of historical dance. We work together with similar organisations in Europe and America.