"Das tanzende Hamburg", der Gesellschaftsabend als Mittel hanseatischer Selbstdarstellung
(Birte Hoffmann-Cabenda)
Das politische und gesellschaftliche Leben in Hamburg in der Zeit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert wurde von den großen Kaufmannsdynastien der Hansestadt dominiert, die den Takt des Kulturlebens der Stadt angaben. Bei der privaten Freizeitgestaltung blieb dieser familiär eng miteinander verknüpfte städtische Bürgeradel kaufmännischen Geblüts gern unter seinesgleichen. Ähnlich verhielt es sich auch bei den in jener Zeit besonders beliebten großen Gesellschaftsabenden zu wohltätigen Zwecken: Diese Veranstaltungen waren ein Gipfelpunkt der Selbstinszenierung hamburgischer Patrizierfamilien. Hier präsentierten sich in zuvor wochenlang einstudierten Choreographien »historischer« Ballszenen Hunderte von mitwirkenden »Damen und Herren der Gesellschaft« der Öffentlichkeit, bevor der Abend in einem rauschenden, Darsteller und Publikum einenden Ball endete. Rudolph Knoll (1862–1916), ein weit über Hamburgs Grenzen hinaus geschätzter Tanzlehrer und Ballettmeister an Hamburger Theatern, lieferte dafür Ballett-Pantomimen wie Das tanzende Hamburg, 1813–1898 (1898) und Ein Gartenfest bei Baron Voght im Flottbeker Park vor 100 Jahren (1899), untermalt von der Musik des Hamburger »Walzerkönigs« und Strauß-Freunds Oscar Fetrás. Mit diesen tänzerisch ausgedeuteten Rückschauen auf die Geschichte Hamburgs demonstrierte das Großbürgertum seine persönliche, zum Teil schon über Jahrhunderte gewachsenen Verbundenheit mit der Stadt.
Birte Hoffmann-Cabenda, Hamburg, Deutschland:
Birte Hoffmann-Cabenda studierte Mathematik, Betriebswirtschaftslehre und Informatik an der Universität Hamburg. 1975 kam sie erstmalig mit historischem Tanz in Berührung und besuchte seither zahllose Kurse und Konferenzen in dem Bereich. 1980 erhielt sie ein „teaching certificate“ der DHDS und begann 1981, selbst zu unterrichten. Daneben erforscht sie das Leben und Werk verschiedener Tanzlehrer aus Norddeutschland im 19. Jahrhundert. Inzwischen blickt sie auf eine langjährige Rekonstruktions-, Vortrags- und Lehrtätigkeit im Bereich Historischer Tanz zurück.


Susan de Guardiola (BA, Yale; MSEd, University of New Haven) is an independent scholar in social dance history, an American resident in Russia. She has presented her work at conferences including the Dolmetsch Historical Dance Society Conference, the International Congress for Medieval Studies, and Stanford University Historical Dance Week. In 2013-2014 she conducted research at Harvard University as a New England Regional Fellow. Research interests include improvisation in social dance, the evolution of the ballroom repertoire over the course of the nineteenth century, and the development of American social dance from its European origins. Her teaching focuses on exploring and recreating both the skill sets and mindsets of the social dancers of the past. She publishes brief dance reconstructions and research excerpts online at Capering & Kickery (http:// www.kickery.com).
Dmitry Filimonov started his dancing career in 1993 as a competitive dancer and came to early dances in 2002. He teaches historical dance in the “Golden Forests” dance studio (a co-leader of the studio). He is head of the historical dance research seminar in Moscow. Dmitry gave lectures at many international conferences and has published several articles on early dance topics from 16th to 19th century.
PhD student in the Vaganova Ballet Academy, member of the scientific committee of the annual dance reconstruction conference at the Vaganova Ballet Academy, scientific editor of the proceedings of the conference.